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Aktuelles

Kinder- & Jugendwohnen.


Straubinger Tagblatt | 20. Mai 2022

Übergänge statt Abbrüche

Die intensivpädagogische Kinderwohngruppe der AWO will Struktur und Sicherheit bieten

„Unsere Kinder wurden oft enttäuscht, haben Bindungsstörungen. Wir wollen ihnen Stabilität und Sicherheit geben“, erklärt Michaela Dietl, Abteilungsleiterin der AWO. Die Kinder, von denen sie spricht, sind Fünf- bis Zwölfjährige, die in der intensivpädagogischen Kinderwohngruppe der AWO leben.

„Intensivpädagogisch – das Wort haben wir quasi extra geschaffen“, sagt Klaus Hoffmann, Geschäftsführer der AWO in Straubing. „Es gibt Kinder, die mehr Betreuung brauchen als bei einer heilpädagogischen Wohnform, aber trotzdem noch keine therapeutische Unterbringung benötigen.“ Für genau solche Kinder habe man 2017 eine Wohngruppe mit sechs Plätzen eingerichtet.

Die Gründe, warum die Kinder ihre Familien verlassen müssen, sind vielfältig – etwa eine Therapie der Eltern, Suchtprobleme in der Familie oder die Inobhutnahme durch das Jugendamt. „Jugendämter aus ganz Bayern fragen bei uns nach Plätzen an“, erklärt Michaela Dietl. „Wir sind einer der wenigen Anbieter für diese intensive und langfristige Arbeit.“ Die Fluktuation der Kinder in der Wohngruppe halte sich allerdings in Grenzen, viele sind mehrere Jahre bei der AWO untergebracht – seit 2017 wurden 14 Kinder betreut. Der Bedarf an Plätzen ist allerdings groß. Und auch wenn ein Platz frei wird, achte man stark darauf, dass ein neues Kind in das Gefüge der Wohngruppe passt. „Wir wählen sehr sorgfältig aus. Denn wenn wir uns für ein Kind entschieden haben, wollen wir seine Betreuung auch durchziehen“, so Michaela Dietl. „Wir wollen niemanden aufgeben.“

Dieses Gefühl wolle man auch den Kindern vermitteln. „Das ist wichtig. Unsere Kinder haben oft Bindungsstörungen aufgrund ihrer Vergangenheit. Auch Verhaltensauffälligkeiten und eine verspätete Entwicklung sind häufig. Sie haben sich, bis sie zu uns gekommen sind, an ihr Umfeld angepasst, um zu überleben.“ Um den Kindern die Stabilität und Sicherheit zu geben, die sie für eine normale Entwicklung brauchen, arbeitet die AWO mit Bezugspädagogen. „Jedem Kind ist ein Pädagoge zugewiesen als fester Ansprechpartner“, erklärt Katrin Vogt, Leiterin der intensivpädagogischen Kinderwohngruppe. Der Bezugspädagoge kümmere sich etwa um Arztbesuche, Lehrergespräche, den Kontakt mit den Eltern und die Berichte für das zuständige Jugendamt.

Betreuung rund um die Uhr

Die AWO-Mitarbeiter, hauptsächlich pädagogische Fachkräfte, aber auch Verwaltungskräfte, Hauswirtschafter und Psychologen, kümmern sich die ganze Woche um die Fünf- bis Zwölfjährigen. „Auch nachts ist natürlich jemand da“, erklärt Katrin Vogt. Die Arbeit sei ohne Frage anspruchsvoll, daher lege man viel Wert auf die entsprechende Betreuung der Mitarbeiter, erklärt AWO-Geschäftsführer Hoffmann. Es gebe regelmäßig Supervisionen von außen und Angebote für die Team-Entwicklung. „Unsere Mitarbeiter lässt das ja nicht kalt, wenn es den Kindern mal nicht gut geht oder es Probleme gibt.“

Damit es auch den Kindern so gut geht wie nur möglich, setze man auf familienähnliche Strukturen. Es gibt feste Tagesabläufe, die Kinder haben feste Pause- und Ruhezeiten, lernen, mit ihren Emotionen umzugehen, müssen kleine Haushaltsaufgaben erledigen und können nachmittags ihrem Hobby in einem Verein nachgehen oder Klassenkameraden besuchen. „Unsere Kinder besuchen ganz normal die Tagesstätten oder Schulen“, sagt Katrin Vogt. Kommt ein Kind an die Altersgrenze für die Wohngruppe, steht ein Übergangsprozess an – etwa ein halbes Jahr lang. „Wir werfen niemanden mit dem zwölften Geburtstag raus“, betont Michaela Dietl. „Wir wollen den Kindern ein gutes Gefühl geben.“ Langsam bereite man sie daher entweder darauf vor, wenn möglich in ihre Familie zurückzukehren, oder in eine Anschlussmaßnahme zu kommen. „Wir wollen immer Übergänge schaffen, keine Abbrüche.“

Wohngruppe für Kleinkinder in Planung

Denn auch für ältere Kinder und Jugendliche gebe es bei der AWO Möglichkeiten. „Wir betreuen von fünf bis 18 den Weg in die Selbstständigkeit“, zeigt sich Geschäftsführer Hoffmann stolz. „Wir haben nicht einfach nur ein Wohnheim, wir haben für spezielle Bedürfnisse und Altersstufen spezielle Settings.“ Um das Angebot noch umfänglicher zu machen, wolle man bis Ende des Jahres auch noch eine Kleinkindwohngruppe installieren, für Kinder von zwei bis fünf Jahren.

Abteilungsleiterin Michaela Dietl, Einrichtungsleiterin Katrin Vogt und Geschäftsführer Klaus Hoffmann (v.l.) stellten die Arbeit der intensivpädagogischen Kinderwohngruppe der AWO vor.

- Foto/Text: Jessica Seidel -