Aktuelles
Kindertagesstätten.
Straubinger Tagblatt | 16. Juli 2022
Erschreckender Erzieher-Mangel
Bayernweit herrscht ein eklatanter Personalnotstand in Kinder-Betreuungseinrichtungen. Der Fachkräfte-Radar der Bertelsmann-Stiftung hat berechnet, dass für den Bereich der Kitas bis 2030 in Bayern 46.000 Fachkräfte fehlen. AWO-Geschäftsführer Klaus Hoffmann hat die Zahlen auf Straubing heruntergebrochen: So fehlen in der Stadt bis 2030 rund 165 Mitarbeiter in Kitas und im Landkreis etwa 350. Dasselbe Problem zeichnet sich an den Grundschulen ab: Zur Umsetzung des Ganztagesanspruchs ab 2026 fehlen in Bayern bis 2030 etwa 21.000 Fachkräfte. Umgerechnet auf die Stadt Straubing wären das 21, auf den Landkreis rund 150. Was die Statistiker auf dem Papier ausrechnen, ist längst in der Realität angekommen. "Man braucht sich nur die Stellenangebote ansehen. Inzwischen spürt jeder Träger das Problem", bestätigt Otto Eder, Leiter des Amts für Kinder, Jugend und Familie.
AWO-Kreisvorsitzender Martin Panten plädiert eindringlich dafür, die Kindertagesstätten endlich als Bildungseinrichtung anzuerkennen und etwa mit Grundschulen unter dem Dach des Kultusministeriums gleichzustellen. "Was hier geleistet wird, ist anspruchsvoll und Stress pur", gibt er zu bedenken. Leider werde der Erzieher- oder Kinderpfleger-Beruf immer noch mit Basteln und Spielen gleichgesetzt.
"Die Eltern erwarten mit Recht höchste Qualität, wenn es um die Betreuung ihrer Kinder geht", betont Marco Grzyb, Leiter der Abteilung Kindertagesstätten bei der AWO. "Außerdem sind die Kitas nicht nur für die Kinder da, sondern sind auch Arbeitsplätze, die man dementsprechend ausgestalten muss." Während der Corona-Pandemie seien die Erzieher und Erzieherinnen in der öffentlichen Wahrnehmung kaum vorgekommen. "Dabei haben sie Großartiges geleistet."
Ständig würden Politiker dafür sprechen, wie wichtig die Kinder sind. "Doch an der Basis kommt davon nichts an. Im Gegenteil, man muss um jeden Cent kämpfen." Was müsste sich also ändern? An erster Stelle geht es um die gesellschaftliche Anerkennung und die Bezahlung, da stimmen alle Fachleute überein. Die jüngsten Maßnahmen der Staatsregierung, die Ausbildung wieder attraktiver zu machen, seien schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Wünschenswert wäre natürlich zudem ein optimierter Stellenschlüssel, damit jedes Kind individuell betreut werden kann. Laut Hoffmann wäre eine Art duale Ausbildung denkbar, mit vollständiger Vergütung und Refinanzierung für den Träger während der Ausbildungszeit.
Das Personal in den Einrichtungen jedenfalls hat seine Hausaufgaben gemacht und stellt sich seiner Verantwortung. Bei der AWO zum Beispiel richtet man gerade eine eigene App ein, mit deren Hilfe die Mitarbeiter sämtliche Sprachen übersetzen und so halbwegs vernünftige Elterngespräche führen können. Jetzt ist die Politik am Zug.
-ola-